Alle kennen Pippi. Oder Lotta aus der Krachmacherstraße, Karlsson vom Dach, die Brüder Löwenherz, Ronja, Michel und Madita. Meine Lindgren-Lieblinge aber sind Oskar und Rasmus im Buch „Rasmus und der Landstreicher“. Rasmus ist ein Waisenjunge, den keiner haben will. Deshalb rennt er fort aus dem Waisenhaus. Er schließt sich dem Landstreicher Oskar an, sie werden unzertrennlich. Zum Fürchten in der Geschichte sind Liv und Liander, zwei Halunken, die einen ziemlich üblen Raub begehen.
Auch ich wurde neulich nachts auf der Straße beklaut, nicht von Liv und Liander, übel war es dennoch. Trost für das bange Gemüt und Zerstreuung für die schlotternden Knie mussten her. Wie gut, dass es Kultur gibt, die diesen Zustand auffängt. Tut sie das auch noch, wenn plötzlich Geld, Gildepass und Art:Card fehlen? Am Morgen danach setzte ich mich aufs Rad und fand es heraus. Die Ergebnisse teile ich mit Ihnen. Bestimmt wird die Aufzählung lückenhaft sein. Womöglich ist sie trotzdem hilfreich für jene, die sich ebenfalls fragen, was in Düsseldorf kulturell geht, wenn finanziell nichts mehr geht.
Beginnen wir mit Museen. Jeden ersten Mittwoch im Monat können K20 und K21 von 16 bis 22 Uhr kostenlos besucht werden. Am ersten Donnerstag im Monat ist der Eintritt ins NRW-Forum von 18 bis 21 Uhr frei. Die Ausstellung „Landsberg Preis: Alex Wissel“ ist hier aber täglich bis zum 17. Juli umsonst erreichbar. Kunst im Tunnel kann jeden zweiten Sonntag gratis besucht werden. Im Heinrich-Heine-Institut, Theatermuseum, Stadtmuseum, Schifffahrt-Museum, Goethe-Museum, Filmmuseum und Hetjens-Museum ist die letzte Stunde vor Schließung frei. Zusatzinfo für Spürnasen: Sonntags um elf versteckt sich ein Keramik-Mäuschen im Hetjens-Museum. Die ersten drei Finder:innen bekommen eine Belohnung. Immer gratis ist ein Besuch in der Mahn- und Gedenkstätte und im Haus der Geschichte. Die Sammlung Philara an der Birkenstraße hat im Juli Sommerpause, öffnet aber ab dem 11. August wieder. Da gilt: Pay what you wish.
Die zehnte Ausgabe des asphalt Festivals läuft noch bis zum zehnten Juli. Gratis sind hier die Ausstellungen im Weltkunstzimmer an der Ronsdorfer Straße. Da wäre Marlon Bösherz, Künstler und Sänger der Band Boticelli Baby. Er zeigt bis zum 6. Juli sein Offenes Atelier. Zusätzlich entwickeln die Künstler Marcos Castro und Mauro Giaconi aus Mexiko-Stadt Site-Specific-Kunst, die vom 3. bis zum 5. Juli und vom 8. bis zum 10. Juli bestaunt werden kann. Die Installation „Dramaturgie für eine Konferenz #2“ am K21 ist auch frei zugänglich.
Im Musikpavillon zwischen Schauspielhaus und Schloss Jägerhof beginnt am 30. Juli um 15 Uhr das erste von vier gratis Open-Air-Konzerten der Reihe Jazz & Weltmusik in Düsseldorf. Die übrigen drei Veranstaltungen der Reihe finden im August statt.
Mehr als zwanzig Offene Bücherschränke gibt es mittlerweile in der Stadt. Von Angermund bis Zooviertel bieten die telefonzellengroßen Kästen Tag und Nacht famose Funde oder Platz für ausgelesene Exemplare. Die Schränke werden vom Literaturbüro NRW und ehrenamtlichen Pat:innen betreut. Das Literaturbüro veranstaltet im Juli zwei gratis Lesungen im KAP 1, die Sie auf der Website finden. Dann gibt es während der Sommerferien in den Stadtbibliotheken den Sommerleseclub. Mitmachen darf jeder. Nach der Anmeldung - online oder in Bibliotheken - können im Team oder allein Bücher und Hörbücher ausgeliehen werden.
Im zakk an der Fichtenstraße sind die Spanischen Abende am 12., 19. und 26. Juli kostenfrei. Am 3. Juli findet zudem die Veranstaltung „Starke Stimmen“ statt. Sie ist ein Safe Space für Künstler:innen, die aus dem Iran und Afghanistan flohen, aus Ländern, in denen Singen, Tanzen und Musizieren für Frauen verboten ist. Jeder ist willkommen, wenn ab 18 Uhr frei musiziert und gesungen wird. Am 7. Juli um 19.30 Uhr lädt das zakk zum gratis Kritzelabend, am 21. Juli um 20 Uhr zum Tangoabend und montags ab 15 Uhr zum offenen Treffen für Geflüchtete und Bürger:innen der Stadt ein.
Fast hätte ich Kirchen vergessen. Wie wär’s mit einem Nickerchen im Beichtstuhl? Kleiner Scherz. Aber das erinnert mich an eine meiner Lieblingsszenen in „Rasmus und der Landstreicher“: „Die Sonne wärmte so schön, er fühlte sich ganz schläfrig. Halb im Schlaf merkte er, wie Oskar seine Jacke über ihn breitete. Jetzt fror er nicht mehr. Er lag auf einem Teppich von lauter Thymian und er spürte den würzigen Geruch in der Nase. Die Wacholderbüsche rochen auch so gut, wenn die Sonne darauf schien. Es roch nach Sommer.“ Ich gebe es ja zu, eine gut gefüllte Geldbörse hält warm. Doch auch Klang, Tanz, tröstliche Gespräche, ein Bild, ein Buch, wohliges Wildschweingrunzen im Wildpark, das Leuchten einer Rakete beim Rheinkirmes-Feuerwerk, ein vielfarbiger Sonnenuntergang oder Sommerregen auf Beton können eine Jacke sein. Und vielleicht ist eine der erwähnten Empfehlungen ein wirkungsvoller Windschutz, wenn es im Seelenstübchen zieht. Ich wünsche es Ihnen - jetzt und zu jeder anderen Jahreszeit.
Sincerely & emphatically
Anne Florack
Kultur als Kur
Ouvertüre von Anne Florack / Dezember 2022
Kniekniffe und Durchbrüche
Ouvertüre von Anne Florack / November 2022
Und jedem Anfang wohnt ein Zaudern inne
Ouvertüre von Anne Florack / Oktober 2022
Eine überfällige Antwort
Ouvertüre von Anne Florack / September 2022
Einen kurzen Sommer lang ist die Ouvertüre Pausenklang
Ouvertüre von Ingrid Liese / August 2022
Marsmädchen
Ouvertüre von Anne Florack / Juni 2022
Trinkpäckchen im Panic Room
Ouvertüre von Anne Florack / Mai 2022
Kunst ist Seelsorge
Ouvertüre von Anne Florack
Zwei oder drei Dinge, die ich von mir weiß
Ouvertüre von Anne Florack / Februar 2022