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Richard Yates

Schule des Lebens

Die biograph Buchbesprechung von Thomas Laux

Richard Yates (1926-1992) schrieb zu Lebzeiten keinen veritablen Bestseller, stets waren ihm die multiplen Unwägbarkeiten des Lebens, mithin auch eine gewisse Fatalität, im Wege, eine unglückliche Kindheit ist da nur der Beginn für eine Existenz abseits normativer Gradlinigkeit, er betrieb Schindluder mit seiner Gesundheit, trank und rauchte exzessiv, haderte schließlich fast sein Leben lang mit seiner Erfolgslosigkeit – obwohl zu Anfang der 1960er Jahre doch noch ein passabler Durchbruch kam mit „Revolutionary Road (dt.: „Zeiten des Aufruhrs“, 2008 von Sam Mendes sehr plastisch verfilmt mit L. DiCaprio und K. Winslet in den Hauptrollen). Nach Yates Tod 1992 passierte erst einmal nicht viel, und wir verdanken es Stewart O’Nan, dass Yates Ende der 90er Jahre in den USA wiederentdeckt und kurze Zeit später auch bei uns bekannt wurde. Das alles und noch viel mehr lässt sich wunderbar nachlesen in dem Buch von Rainer Moritz zu Leben und Werk Richard Yates, das gerade zusammen mit einem bislang noch unübersetzten Roman erschienen ist. Moritz betreibt seine biographische Exegese überwiegend anhand der Romane und Erzählungen, die ihm ausreichend Stoff bieten, um auch das Leben und Werk des Richard Yates schlüssig zu interpretieren. Vielleicht verlässt er sich dabei manchmal zusehr darauf, dass die fiktionale Beschreibung eines (Roman-)Schicksals auch zwingend auf das seines Erzeugers schließen lässt. Aber seine emphatische Recherche und sein angenehm unprätentiöser Stil machen diese Leben-und-Werk-Analyse jederzeit lesenswert.

„Eine gute Schule“ ist ein Roman aus den 1970er Jahren, der mittlerweile fünfte auf deutsch, und darin geht es tatsächlich um eine Privatschule, wie sie Anfang der 40er Jahre Yates als etwa 16-jähriger wohl ähnlich erlebt haben dürfte. Auf die Dorset Academy gelangt also William Grove. Es heißt, dorthin kämen Schüler, die andere Schulen „nicht haben wollten“ – was im Prinzip schon alles sagt. Die pubertierenden Jungs haben ihre eigenen Codizes, und William gilt von vorneherein als Weichei, weil er sich u.a. aus den vielen Schlägereien und Kabbeleien heraushält. Halbstark, gemein und unbeholfen wirken auch die sexuellen Manöver, etwa wenn eine ganze Clique sich an William vergeht. Man wohnt hier einer ganz besonderen „éducation sentimentale“ bei, eine, die in der Enklave des Internats spezifische soziale Bezüge zeitigt, wobei man aber auch sieht, wie William sich zwischenzeitlich emanzipiert, indem er für die schulinterne Zeitung schreibt und seine literarischen Fähigkeiten entdeckt, sie testet, sie ausbaut. Damit ist der biographische Subtext dieses Romans angesprochen, der Grundstein des werdenden Schriftstellers gelegt. Der Schule selbst, wir befinden uns mitten in WK II, gehen bald die Mittel aus, Unterricht kann nicht mehr stattfinden, und am Ende entlässt die Dorset ihre letzte Klasse in den Krieg. Es gibt noch eine Party, wo sich Schüler und Lehrer vielleicht zum ersten und letzten Mal näherkommen. Danach folgt der ultimative Härtetest fürs Leben, das wissen auch die Lehrer. Aus Yates’ Nachwort erfährt man dann eher unsentimental vom Tod einzelner Mitschüler, die, wie es stets in diesem Zusammenhang so euphemistisch heißt, in den Ardennen oder auf Iwo Jima „gefallen“ sind.

Richard Yates: Eine gute Schule. Roman. Aus dem Amerikanischen von Eike Schönfeld. DVA, München 2012, 231 S., 19.99 €

Rainer Moritz: Der fatale Glaube an das Glück. Richard Yates – sein Leben, sein Werk. DVA, München 2012, 201 S., 19.99 €

aus biograph 04/2013

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