Zart und doch spürbar stabil trägt ein Messingdraht ein Mobile aus Draht und Federn. An der Wand fixiert reicht dieser sanft federnde Trägerdraht kühn in den Raum hinein. Jeweils nur durch ein Nadellager verbunden ruht auf diesem Draht die horizontal ausladende, zweiteilige Konstruktion aus Draht und Truthahnschwanzfedern. Eine hölzerne Tropfenform und kleine Bleigewichte begünstigen die Balance des Objekts, das allein schon durch seine Bewegung unseren Blick auf sich zieht. Fast unmerklich indes ziert ein dünnes ovales Kupferblech den unteren Teil der Konstruktion. Es neigt sich leicht zum Boden hin und zeigt auf seiner Unterseite das Sanskrit-Zeichen „Om" aus Blattgold. Das gesamte Objekt mag sich noch so sehr bewegen, das Om-Zeichen behält die zum Boden hin geneigte Ausrichtung. Die Balance verdankt sich dabei einer fein ausgewogenen Mechanik, die nur ein Minimum an Materie beansprucht.
In dem kinetischen Objekt treffen Animalisches und Technoides reizvoll aufeinander. Die Federn erinnern jedoch nicht nur an die physische Seite eines Vogels. Sie sind auch Sinnbild der Leichtigkeit, Symbol der Luft und des Geistes, Werkzeug früher Schreibkultur, Chiffre der Attraktivität oder der Tarnung in der Vogelkunde... Federn bieten ein reiches Assoziationsfeld. In der Technik spricht man von einer Feder, wenn diese elastisch schwingt, unter Belastung nachgibt und nach Wegfall der Belastung wieder in die Ausgangslage zurückkehrt. In diesem Objekt scheinen die Federn selbst zu federn. Auf ihren zarten Drahtkonstruktionen ruhend rufen sie spielerisch die Doppelbedeutung des Wortes Feder in Erinnerung und öffnen den Blick auf eine federnde (Geistes-)Haltung.
Das schwebende Om antwortet unmittelbar auf den leichtesten Luftzug. Es ist in Reaktion auf sein Umfeld visuell und räumlich in permanenter Bewegung. Es spiegelt das Energiespiel bewegter Luft und greift in immer neuen Bahnen frei in den Raum, den wir mit ihm teilen. Nimmt man es nur zweidimensional wahr, zeichnet es fortlaufend Linien vor hellem Hintergrund. Die Federn mögen bei heftigem Luftzug zeitweilig erzittern und vibrieren, sie halten bald wieder inne und finden ihre Balance.
Nicht ohne Grund gilt das OM im Hinduismus als geheiligte, spirituelle Kraft. Wenn man diese magische Silbe wiederholt ausspricht, fördert die Vibration von Stimme und Körper zugleich Wachheit und Ruhe. Es erdet, ohne den Körper als belastende Schwere zu erfahren. Bewegung, Stille, Atmen, Innehalten, in Bewegung versetzen und Bewegung geschehen lassen, schauen ohne Anspruch... Wache Gelassenheit ist eine Balance, die im eigenen Innern und draußen wirken mag. Das schwebende Om führt sie unbekümmert und nachhaltig vor Augen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
FARBE UND LICHT. FOKUS AUF DIE SAMMLUNG
Die aktuelle Ausstellung im Museum Ratingen
„Kunst-Stücke“ Anna Schlüters Blick auf
„TYPEFACE: K“, 2022 von Hyeju Lee
Ein Jahr Galerie „Kiek ma rin“ in Erkrath
Ein Grund zum Feiern!
200 Jahre Düsseldorfer Karneval im Blick
Ulrich Fürneisen
Eine Landschaft
Schnell und entschleunigt
Harald Naegeli im Bilker Bunker
Kunst aus Verantwortung
Katharina Sieverding in K21
Ari Benjamin Meyers
Die Wirkung von Gesang
Jürgen Grölle
Assoziierte Landschaften
Avantgarde in der Malerei der sechziger Jahre
Konrad Lueg im Kunstpalast
Siegfried Anzinger
Mit der Figur
Fortschritt in der Fotografie
Thomas Ruff im neuen Malkastenforum
Ralf Brög
„JEL_Dreamer“, 2021
Theresa Weber
Identität und Identitäten
Fließend und weich
Sheila Hicks in Düsseldorf
Jakob Albert
„SHIP 5“, 2024
Stefan à Wengen. The Power of Love
bis 26.1.2025 im Museum Ratingen
Anys Reimann
Vielstimmig im einen
Zukunft ist jetzt
Die Schenkung v. Florian Peters-Messer im Kunstpalast im Ehrenhof
Lukas Köver
BÜSTE, O.T., 2024
Unter Beobachtung
Lynn Hershman Leeson in der Julia Stoschek Foundation
Wolfgang Nestler
Form und Bewegung im Raum
Thorsten Schoth
ROSETTE I: #CONTEMPLARE, 2023
Eine Straße
Zur Zukunft der Innenstädte am Beispiel der Graf-Adolf-Straße - noch bis zum 18.8.
Claudia Mann
Formen körperlicher Anwesenheit