Eine der bekanntesten Skulpturen von Norbert Kricke steht am Mannesmannufer, hinter sich das Mannesmann-Hochhaus, genutzt vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Die „Große Mannesmann“ (1958-61) des 1922 in Düsseldorf geborenen und dort 1984 gestorbenen Bildhauers steht für die Freiheit des Menschen, für Neugierde, Sensibilität und gleichzeitig für Strahlkraft und Stolz. Kricke hat mit dem damals relativ neuen Material Edelstahl aber nicht nur störrisch spiralige Knoten entwickelt, sondern auch einzelne langgezogene, kantig abknickende Linien – etwa bei der monumentalen „Großen Raumkurve Köln“ (1981) vorm Deutschlandfunk – und dynamisiert auch hier den umgebenden Raum, in den er weiter vorstößt. Er demonstriert Fortschritt und Aufbruch, zu seiner Zeit als Eroberung der Lüfte und Zugewinn an Geschwindigkeit. Auf dem komplizierten Feld der Skulptur in den Nachkriegsjahrzehnten bedeutete dies, aus der traditionellen Figuration auszusteigen und, auf ihrer Grundlage, eine zeitgemäße plastische Form zu schaffen. In Krickes ansonsten reduzierter, mithin minimalistischer Formensprache bilden die „Raumplastiken“ einen opulenten, geradezu barocken Beitrag.
Norbert Kricke, der an der Kunstakademie in Berlin bei Richard Scheibe studiert hat, später mit zahlreichen Kunstpreisen ausgezeichnet und zur documenta und der Biennale Venedig eingeladen wurde, war ab 1964 Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf und von 1972 bis 1981 auch deren Rektor. Übrigens scheint es, dass die Düsseldorfer Kunstinstitute jetzt den 100. Geburtstag dieses international bedeutenden Künstlers verpassen. Gefeiert wird er in Duisburg, und zwar gleich in drei Museen. Im Studio des Lehmbruck Museums sind die Anfänge zu sehen mit dem Wechsel von der akademischen Tradition zur gegenstandsfreien Ausformulierung. Verdeutlichend sind Werke der internationalen Kollegen zu sehen, darunter der Berliner Hans Uhlmann, der Kricke früh beeinflusst hat. Wie sehr die Linie von nun an das Grundprinzip ist, untersucht dann die hingebungsvolle Ausstellung im Museum DKM. Sie arbeitet Krickes Vermögen als Zeichner heraus, mit einzelnen dunklen Strichen auf der Fläche Raum zu schaffen. Die „eigentliche“ Werkschau wird im neuen hallenartigen Obergeschoss des Museum Küppersmühle zelebriert. Hier wird das ganze Spektrum des Hauptwerks zwischen Bewegung und Innehalten, Zögern und Rasanz allansichtig vorgestellt. Nun zeigt sich erst recht, wie vielseitig, wie meditativ, spielerisch und doch konsequent – und auch heute eindrucksvoll – das Werk des Düsseldorfer Künstlers ist.
Norbert Kricke
In Duisburg bis 31.3. im Museum Küppersmühle
bis 7.5. im Lehmbruck Museum und bis auf weiteres im Museum DKM
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