Recht genau gibt der Titel an, was das Bild zeigt. Aber sehen wir, was der Titel vorgibt? Ein junger, dunkelbärtiger Mann liegt entspannt und halb zugedeckt im Bett. Seine Augen sind geschlossen. Seine Arme ruhen wie vergessen auf dem weißen Bettzeug. Die Bettstatt ist auf einer zebraähnlich gemusterten Fläche platziert, die von roten Partien vital durchbrochen wird. Eine gebräunte Hand scheint das duftig gemalte Weiß, von dem sie sich abhebt, gerade noch aufzumischen. Wie viele Arme hat er eigentlich? Hier gerät das logische Aufschlüsseln des Körpers ins Stottern. Im Hintergrund tut sich ein Gebilde wie ein üppiger Blumenstrauß auf. Es nimmt die Farbe des liegenden Körpers mit auf. Auch Schwarz, Weiß und Rot wiederholen sich, nur Grün sprießt zusätzlich hinein. Kein Element darin erscheint dinglich klar zu identifizieren, aber als Ganzes strotzt es vor Lebendigkeit. So eindeutig figürlich der Vordergrund erscheint, so diffus und ungegenständlich erscheint der Hintergrund. Und doch kommunizieren die beiden Bildpartien malerisch und erzählerisch eng miteinander. Die zugewandte Blickrichtung der liegenden Figur lässt ein Einverständnis mit dem Betrachtetwerden vermuten. Der nicht eindeutige, blumige Bildteil drängt wie ein beobachtendes Wesen ins Bildverstehen. Er grenzt sich formal ab und ist farblich doch Teil des Ganzen. Der Bildtitel unterstützt die Wahrnehmung der Selbstvisualisierung als Entwicklung, die zudem durch die weichen Farbabgrenzungen und die undefinierten Formen vermittelt wird. Nichts ist scharf konturiert.
Ein indirektes Bildzitat mag diesem Gemälde unterlegt sein. Wir können die Kenntnis besonders prägnanter Bilder nicht leugnen, wenn ihre Struktur oder ihre Farben markant wiederauftauchen. Manchem mögen hier Manets „Olympia“ und ihre Vorläufer wie Tizians „Venus von Urbino“ oder „Giorgiones „Schlummernde Venus“ einfallen. Es sind Ikonen der Kunstgeschichte, in denen ein appetitlich dargebotener weiblicher Körper und unser voyeuristischer Blick das vibrierende Spiel mit der Intimität schaffen. Das hier gezeigte Bild nimmt die Konvention der Darstellung auf und ergänzt sie um die queere Komponente. Der Künstler wahrt dabei alle Dezenz. Das Wiedererkennen der Konvention wirkt beruhigend, während das Betrachten der Szene in ihrer leisen Offenheit und ihrem gedanklichen Werden unsere Aufmerksamkeit wach hält. Die Reflexion des Bildes in seinem historischen Werden gibt sich als prozesshaft in der Malerei zu erkennen. Ebenso prozesshaft entfaltet sich unser Sehen.
„Kunst-Stücke“
In dieser Reihe schreiben Studierende der Kunstgeschichte an der H.-Heine-Universität Düsseldorf über Kunstwerke Düsseldorfer Künstler und Künstlerinnen.
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