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Bitte nicht lachen – ich bin, hahaha, traurig

Die biograph Ouvertüre Februar 2018

Ich fürchte, ich stehe vor einer ganz großen Depression, vor einer Zeit, die meine leider minimalen Restbestände von Frohsinn noch einmal dramatisch dezimieren wird. Ich fürchte, ich werde sehr bald sehr traurig werden, und ich habe allen Grund dazu.
Ich habe beispielsweise keine Bitcoins gekauft, als sie noch günstig waren, obwohl mir alle sagten, dass es mit den Bitcoins nun aber bald so etwas von bergauf gehen werde. Ich wusste insgeheim, dass sie recht behalten würden, aber ich wusste auch um meine fatale Neigung, an Dingen festhalten zu wollen, nicht loslassen zu können. Ich bin genau der Typ, der Bitcoins früh gekauft hätte, dann kurz ein Gewinner des Booms gewesen wäre, aber leider demnächst den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg verpassen würde, weil er sich nicht beizeiten von seinem Besitz trennen könnte.

Schlimmer aber noch als die Trübnis, die mein verpasstes Bitcoin-Engagement mit sich bringt, dünkt mir die grundlos gute Laune, die viele Menschen zu Tage treten lassen. Sie lachen zu viel. Man sieht das sehr schön bei Straßenumfragen im Fernsehen. Da äußern Menschen sehr durchschnittliche Meinungen, meinen aber, sie könnten diese aufwerten, indem sie mitten im Satz zu einem Lachen anheben und dann den Rest ihrer Aussagen nur noch hechelnd schaffen. Solche Menschen würden wahrscheinlich auch noch die Mitteilung eines Todes zerlachen. „Onkel Jürgen ist, hahaha, gestorben.“
Ja, ich weiß, Lachen ist gesund. Aber wer hat das je bewiesen? Stand das mal im Internet, das derzeit vor allem die wirklich dummen Menschen als diffuse Quelle ihrer Überzeugung anführen? Oder hat das irgendein Düsseldorfer Universitätsprofessor rausgepustet? So wie der, dem kürzlich die Medien aufsaßen, als sie berichteten, dass Politiker umso erfolgreicher seien, je attraktiver sie optisch wirkten. Das hat Schlagzeilen gemacht. Donnerwetter.
Ich weiß nicht, ob ich die Berichte richtig memoriere, aber ich meine gelesen zu haben, dass die so genannte Studie auf dem Verhalten von gerade mal 24 Probanden fußte. Das könne man durchaus verallgemeinern, soll der Professor gesagt haben, als Journalisten Bedenken wegen zu geringer Probandenzahl äußerten. Aber vielleicht bin ich auch ungerecht oder habe ein schlechtes Gedächtnis. Ich vermute, die attraktiven Politiker in der „Studie“ haben auch oft gelacht. Grundlos gelacht. Wer zu viel und ohne Grund lacht, ist ein schlechter Politiker. Fürs Lachen sind Comedians zuständig.

Womit ich beim wahren Auslöser meiner Traurigkeit bin. Es strebt bekanntlich gerade die Zeit des organisierten Frohsinns ihrem Höhepunkt entgegen, wenn schwerstalkoholisierte Menschen sich in ein Paralleluniversum begeben und alles in Grund und Boden lachen, was sie übers Jahr sonst so klaglos ertragen.
Früher begehrte an Karneval das Volk gegen die Obrigkeit auf. Heute begehren die Menschen nur noch auf gegen ihre eigene Mittelmäßigkeit. Kürzlich sah ich ein Foto des Düsseldorfer Prinzenclubs. Da standen grinsend zwei Dutzend feiste Männer herum, deren gemeinsamer Blutdruck in Summe locker die 4000er Marke überschritten haben dürfte. Nur bräsige, die eigene Bedeutung verdauende Männer. War ja der Prinzenclub. Frauen lachen organisiert woanders. So viel zum Karneval im Jahr eins nach dem Start von #metoo. Es ist so traurig.

Hans Hoff

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