Als die Tour de France vorbei war, kamen die städtischen Erbsenzähler aus den Löchern und rechneten aller Welt vor, wie groß der „Werbeäquivalenz-Gesamtwert aus Print, Online und Social Media“ des Events war. Man kam auf 300 Millionen Euro, weil es 47 695 Online-Artikel sowie 44 977 Social Media-Beiträge mit Nennung des Grand Départ gab. Man konnte den Zahlen förmlich anlesen, wie besoffen die Auswerter bei ihrer Arbeit geworden waren. Und sie setzten noch einen drauf, denn nach ihrer Ansicht erzielten die Online-Artikel eine potenzielle Reichweite von 106,2 Milliarden, die Social Media-Beiträge 4,2 Milliarden. So weit der Originalton der Stadtveröffentlichung, den ich auf dieser Seite im vergangenen August schon einmal zitiert und angezweifelt habe.
Nunmehr möchte ich den städtischen Erbsenzählern einen Auftrag erteilen. Ich hätte nämlich gerne Zahlen zum Thema Max Stern und der von der Stadtspitze abgesagten Ausstellung samt der danach erfolgten Blamagen durch halbseidene Kommunikation und offensichtliche Dilettanz in den zuständigen Stadtetagen und Museen. Ich wüsste gerne, welchen Schaden das mindestens ungeschickte, wenn nicht gar komplett blöde Verhalten der Stadtspitze angerichtet hat. Da stecken doch Zahlen drin.
Gibt es nicht? Kümmert sich niemand drum? Okay, dann mache ich mir die Zahlen halt selbst, dann kann ich ihnen wenigstens trauen. Ich gehe dabei davon aus, dass das Thema Max Stern ein eher begrenztes ist, das vornehmlich in Kultur und Politik Bedeutung hat, die Massen, denen man 2017 eine Tour-de-France-Begeisterung unterstellte, also eher am Rande interessiert. Trotzdem sehe ich einen beträchtlichen Schaden, der entstanden ist, weil Düsseldorf immer wieder als die Stadt genannt wird, in der alles, was der Oberbürgermeister in Sachen Kultur anfasst, zum Scheitern verdammt ist. Im Prinzip muss man sich das so vorstellen, wie das die Hollies in den Sechzigern in ihrem Hit „King Midas in Reverse“ beschrieben haben. Die haben die Sage vom König, der alles, was er anfasste, in Gold verwandelte, einfach mal umgedreht. Alles, was der von den Hollies besungene Monarch anfasste, verwandelte sich in etwas, das nicht Gold war.
Genau solch ein King Midas in Reverse ist unser OB in Kulturfragen. Alles, was er anfasst, geht den Bach runter oder bedarf hinterher einer dringenden Reparatur. Insofern wäre der Kulturlandschaft schon viel geholfen, wenn er einfach mal die Finger von allem lassen würde, was er nicht versteht.
Aber ich wollte ja Zahlen liefern. Also: Düsseldorf hat durch den Skandal um die abgesagte Max-Stern-Ausstellung einen „Werbeäquivalenz-Gesamtwert aus Print, Online und Social Media“ in Höhe von minus 50 Millionen Euro erzielt, ausgelöst durch 7 969 Online-Artikel sowie 4 779 Social Media-Beiträge mit Nennung der ungeschickten Absage. Es sind also wegen der Doofheit der Planer 50 Millionen Euro weniger in unsere Stadt geflossen.
Das klingt hanebüchen? Aus den Fingern gesogen? Ich bitte Sie. Diese Zahlen verströmen die gleiche Seriosität wie die Tour-de-France-Werte vom vergangenen Sommer. Wenn die städtischen Erbsenzählerauswertungen korrekt waren, dann sind es auch meine Zahlen. Und wenn nicht, dann frage ich mich natürlich, welchen Werbewertschaden das Erstellen überflüssiger Statistiken in dieser Stadt anrichtet.
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