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Jovan Stojsin

Düsseldorfer, schaut auf diese Lücken

Die biograph Ouvertüre Mai 2013

Düsseldorf ist eine schöne Stadt. Das wird hier viel zu selten betont. Viel zu selten wird hier beispielsweise geschwärmt von der ungeheuren Weite, die sich eröffnet, wenn man am Rheinufer steht. Man sieht dort Oberkassel oder die Altstadt, je nachdem auf welcher Seite man steht. Aber das allein macht nicht die Größe aus. Die Größe liegt in dem, was man nicht sieht, eben in der Weite. Der Umstand, dass man weit schauen kann, erzeugt ein Gefühl von innerer und äußerer Freiheit. Wer weit schauen kann, hat nichts Hinderndes zwischen sich und dem Objekt der Betrachtung. Er kann zudem entscheiden, ob er sich dem, was er betrachten möchte, nähert, oder ob er die objektivierende Distanz einhalten möchte. So etwas gilt für Menschen, die oft aus der Ferne besser aussehen als von nahem, es gilt aber vor allem für die Stadt der Wahl.

Eine Stadt wächst mit ihren Freiräumen. Wer sich immer nur in Betonschluchten bewegt, dem verkümmert sehr rasch die Seele. Man kann sich im Hafen zwischen den steil aufragenden Architekturversuchen nur deshalb wohlfühlen, weil es gewiss ist, dass die Weite des Rheins nur ein paar Schritte entfernt ist. Dort kann der Mensch seine Größe selbst bestimmen. Neben einem Hochhaus bleibt er immer der Gnom. Was wären die New Yorker ohne ihre nahen Flüße, ohne den Central Park?

Genau deshalb sollte man dieser Tage dringend einmal die neue Weite in der Stadt sehr bewusst und sehr aufmerksam nutzen. Sie ist eine Folge des Todes. Apple-Gründer Steve Jobs hat mal gesagt, dass der Tod eine prima Einrichtung ist, weil er Veränderung ermöglicht. Gestorben ist der Tausendfüßler, gestorben ist das Amtsgericht. Dort wo einst Beton und Steine die Aufmerksamkeit auf sich zogen, lässt sich nun weit blicken

Wer beispielsweise vor dem P&C-Haus steht und in Richtung Dreischeibenhaus schaut erlebt eine ganz neue Dimension. Plötzlich ist zu sehen, was bisher vom dreckeligen Beton des Tausendfüßlers verborgen wurde. Weit können die Augen schweifen und Strukturen anders wahrnehmen. Wer sich gar im P&C-Haus auf einer der oberen Etagen ans Fenster stellt, sieht noch mehr. Dinge, die bislang verborgen blieben, rücken plötzlich in den Fokus. Welche Dinge das sind, was es zu sehen gibt, was sich zu memorieren lohnt, mag ein jeder selbst entscheiden.

Auch an der Neubrückstraße ist neue Weite. Man kann hinüberschauen über die riesige Baugrube bis hin zur Liefergasse. Und von der Liefergasse ist die Neubrückstraße zu erblicken. Das gab es noch nie. Einher geht die neue Weite mit einem vergrößerten Himmel. Tatsächlich, der Himmel über Düsseldorf ist weiter geworden. Mehr Himmel heißt mehr Hoffnung. Hoffnung kann man gut gebrauchen in einer Zeit, da das Rathaus übervölkert ist von ratloser Dummbatzarroganz, die nicht nur die Versuche, Düsseldorf als Kulturstadt auf Niveau zu halten, torpediert.

Düsseldorfer, schaut auf diese Lücken. Saugt sie auf, speichert sie in eurem Hirn, zementiert diese Eindrücke, denn sie werden nicht lange zu erleben sein. Dort wo die Luft jetzt noch frei ist, wird sie schon bald wieder umbaut sein von Stein, Glas und Beton. Wohl dem, der sich dann noch erinnern kann an die große Weite.

Hans Hoff

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