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Flüchtlinge willkommen – Wir teilen

Die biograph Ouvertüre September 2015

Düsseldorf sucht einen Slogan. Der Streit ist entbrannt, weil inzwischen auch der letzte Depp gemerkt hat, dass man mit einem grinsenden D allein ziemlich doof dasteht und wenig bis gar nichts über die zu preisende Gemeinde aussagt. Nun haben plötzlich alle Einfälle. „Die Stadt der kreativen Köpfe“ lautete einer aus liberaler Feder. Um solchen Schmarrn zu diskreditieren, reicht es, zu fragen, wer denn diese kreativen Köpfe nun genau sind.
Keine Frage, Düsseldorf muss sich positionieren, und ich hätte da eine Idee. Die klingt nicht eingängig, und ich habe auch noch keinen Slogan dazu, aber der naive Geist, der meine Idee umweht, der täte der Stadt gut.
Es geht um Flüchtlinge und um das, was die Stadt für sie tut. Ja, ich weiß, die Stadt tut schon viel für Flüchtlinge. Das verdient Respekt. Und wann immer sich irgendwelche rechte Gestalten zu einem Spaziergang vor die Flüchtlingsheime anmelden, wann immer offener Rassismus sich als Äußerung „besorgter Bürger“ tarnt oder offen seine hässliche Fratze zeigt, machen sich aufrechte Menschen auf, um jenen, bei denen die Verbindung zwischen Herz und Hirn blockiert ist, etwas entgegenzusetzen, zu sagen. Das ist gut, aber nicht genug. 
Wie wäre es denn, wenn Düsseldorf sich als gastfreundlichste Stadt für Flüchtlinge positionierte, wenn die Stadt über ihre bisher schon genutzten Möglichkeiten hinaus etwas täte und eine eigene Willkommenskultur etablierte?
Düsseldorf hat Geld. Viel sogar. Ich weiß: Wann immer Defizite im Haushalt entdeckt werden, gibt es Klagen. Es ist ein Klagen auf sehr hohem Niveau. Mal kurz gesagt: Düsseldorf käme auch prima klar, wenn jeder Mensch mit einem Monatseinkommen über 2000 Euro zehn Prozent abgäbe. Warum wir das tun sollten? Einfach so. Weil wir es können. Weil wir es wollen.
Ich stelle mir mehr Initiativen vor, die Flüchtlinge und Menschen mit freien Zimmern zusammenbringen, denn nur im Zusammenleben lässt sich Verständnis entwickeln für die Situation des jeweils anderen. Der Düsseldorfer lernt etwas über den Menschen auf der Flucht, und der Flüchtling lernt etwas über die Menschen, die das Land prägen, in das er gekommen ist.
Was nach dem Krieg in Zeiten von Trümmern, Mangel und Hunger funktionierte, sollte doch auch jetzt in Zeit einer über alle Maßen prosperierenden Wirtschaft machbar sein. Wir sterben nicht, wenn wir etwas abgeben. Wir haben genug. Düsseldorf hat genug. Düsseldorf kann geben. Mehr als andere.
Lasst uns Großzügigkeit zum Markenzeichen dieser Stadt machen. Lasst uns die Gemeinde werden, die dafür bekannt ist, sich für andere ins Zeug zu legen. Wenn Mitmenschlichkeit und Düsseldorf in einem Atemzug genannt werden, dann ist das allerbeste Werbung für eine Stadt, die einen Kontrapunkt setzt zum unerträglichen Gerede von der Flüchtlingskrise. Es gibt nämlich keine Flüchtlingskrise. Es gibt nur Kommunen, die schlecht organisiert sind. Es gibt den Bund, der die Kommunen bewusst kurz hält, weil dann genau jener Eindruck von Mangel entsteht, der manche Kleingeister Worte wie Wirtschaftsflüchtling oder Asylmissbrauch erbrechen lässt. Solches Tun hat System, denn Angst vor Verlust erzeugt ein Bedrohungsgefühl, und Menschen, die sich bedroht fühlen, lassen sich leicht lenken. Im Osten der Republik funktioniert das ziemlich gut.
Düsseldorf kann anders sein. Düsseldorf kann ein Zeichen setzen. „Flüchtlinge willkommen“ auf ein Banner am Rathaus schreiben. Oder: „Wir teilen gerne.“
Der Lohn könnte ein bislang eher unbekanntes Heimatgefühl sein, also jenes Befinden, das wir an Bayern und Kölnern so sehr bewundern. Im Gegensatz zu jenen oft grundlos Heimatbesoffenen könnte ein Düsseldorfer aber im Ausland mit Stolz sagen, dass er aus Düsseldorf kommt, und alle würden staunend reagieren: „Ah, aus der großzügigen Stadt“. Der Lohn könnte auch sein, dass diese Stadt ein bisschen bunter würde durch all die neuen Menschen in unserer Mitte. Das täte Düsseldorf gut. Nach dem Krieg kamen die Koslowskis und die Podolskis, dann kamen Costas, Giuseppe und Mehmet. Sie alle haben unser Land bereichert, haben unsere Augen geöffnet für den Blick über den Tellerrand. Nun kommen andere, und sie bringen sich selbst als Geschenk mit. Wir sollten dieses Geschenk annehmen und uns darüber freuen. Sehr.

„You may say I’m a Dreamer, but I’m not the only one.“ (John Lennon)

Hans Hoff

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