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Ganz okay ist nicht genug

Die biograph Ouvertüre Mai 2019

Ich habe kürzlich mit mehreren Bekannten in weiter weg telefoniert und dabei eine kleine Umfrage gestartet. Ich wollte wissen, was sie denn über die Kulturstadt Düsseldorf zu sagen hätten. Die Antworten waren ernüchternd. Die Menschen in München, Berlin und Hannover zuckten hörbar mit den Schultern. Einer wiederholte gar meinen Ausdruck. „Kulturstadt Düsseldorf“ murmelte er zweifelnd vor sich hin, so als könne die Wiederholung des Wortpärchens den Weg zu einer tieferliegenden Erkenntnis ebnen. Ein anderer meinte, er sei mal im Theater gewesen in Düsseldorf, aber dann erinnerte er sich, dass das nun auch schon wieder 15 oder mehr Jahre her sein müsse, und wie das Stück hieß, wusste er auch nicht mehr.
Um es kurz zu sagen: Meine natürlich nicht repräsentative Umfrage führte zu einem deprimierenden Ergebnis. Mit der „Kulturstadt Düsseldorf“ ist kein Blumentopf zu gewinnen. Es gibt sie nicht. Düsseldorf hat keinen Ruf als Kulturstadt. Zwar fällt dem einen oder anderen noch die eine oder andere Fotoausstellung ein, und vielleicht schafft es auch mal eine Opernaufführung auf die Liste, aber dann ist da auch schon bald Schluss. Düsseldorf ist eine Stadt mit viel Kultur, mit zwischenzeitlich sogar recht ansprechender Kultur, aber für ein Profil reicht es nicht. Düsseldorf als Kulturstadt ist blass, bleibt blass.
Das liegt nicht unbedingt an den einzelnen Institutionen. Die machen mehrheitlich eine ordentliche Arbeit. Man kann sich die Ausstellungen anschauen, und im Theater oder in der Oper wird man auch nicht dümmer. Vieles ist da ganz okay.

Die Frage ist natürlich, ob man damit leben mag, wenn alles ganz okay ist. Es gibt ja durchaus Menschen, die „ganz okay“ in eine Reihe stellen mit laaaangweilig. Wer will schon einen Partner haben, der ganz okay ist? Wollen wir nicht alle lieber jemanden, der uns zu einem wilden, gefährlichen Leben verführt? Wo verführt uns Kultur in Düsseldorf zu einem wilden, gefährlichen Leben? Fürs erste würde ja schon die Verführung zu wilden, gefährlichen Gedanken ausreichen. Hier ein Stupps, da ein Stupps.
Ich habe ein Dutzend Bekannter gebeten, mich immer dann zu unterrichten, wenn sie in Sachen Kultur etwas erleben, das sie fordert, bei dem der Erkenntnisgewinn am Schluss größer ist als die Erleichterung, die Vorstellung oder den Rundgang überstanden zu haben. Was habe ich im vergangenen Jahr von diesen Bekannten gehört? Nüscht, niente, nada.
Ich finde das ein bisschen wenig. Es riecht mir zu sehr nach Arrangement, nach dem Verdacht, dass sich die Kulturschaffenden eingerichtet haben im Verhältnis zu den Kulturpolitikern und zu den Abonnenten. Man kennt sich, man sieht sich, man pflegt sich. Aber man tut sich nicht weh. Niemand tut hier niemandem weh. Alle sind friedlich. Ich finde: Zu friedlich.

Könnte also bitte mal jemand den Hintern hochkriegen und einen kleinen Kulturskandal inszenieren, der Widerworte evoziert, der hinausgeht über irgendeine Personal- oder Zuständigkeitsfrage? Ich würde das begrüßen. Und meine Freunde in weit weg bestimmt auch.

Hans Hoff

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