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Keine Sorgen in Düsseldorf

Die biograph Ouverture November 2017

Was ist uns eigentlich noch wichtig? Wofür gehen wir noch auf die Straße? Wann engagieren wir uns mit mehr als ein paar Klicks im Internet?
Die Antwort ist so traurig wie wahr. Wir engagieren uns für nichts mehr wirklich. Wir unterschreiben digital bei Campact, setzen ein paar Likes bei Facebook, und das war es dann auch schon mit unserem Engagement. Mehr ist nicht mehr drin. Vor allem in Düsseldorf. Die engagierten Kämpfer gegen die Braunkohle sind weit weg. Geht uns nichts an, unser Strom kommt aus der Steckdose. In Düsseldorf macht man sich die Finger nicht mehr schmutzig als unbedingt nötig. Das Drecksgeschäft sollen andere erledigen. Gibt ja nichts, für das es sich zu kämpfen lohnt.
Nichts? Na ja, es gibt noch ein paar Aufrechte. Die machen ein bisschen Rabatz für Bäume, die irgendwelchen dummen Protzbauten der überfetteten Metro weichen müssen, die dem Ausbau der Regionalbahn im Weg stehen oder angeblich den Bürgersteig an der Kö unsicher werden lassen. Protest ist also schon noch da, allerdings in sehr kleinem Rahmen. Selbst wenn die Rechten zum Aufmarsch blasen, findet sich selten mehr als eine Handvoll Protestierer ein.

Aber sonst so? Soziale Anliegen, Einsatz für Schwächere, Empörung über eine nur noch verwaltende Republik? Kennen wir nicht. Brauchen wir nicht. Wir lassen unsere Streitigkeiten inzwischen online verhandeln. Möglicherweise spenden wir nochmal einen Kommentar in irgendeine Online-Debatte. Ansonsten haben wir doch Anne Will und Frank Plasberg. Wir streiten nicht mehr in Düsseldorf, wir lassen streiten.
Wir befassen uns allenfalls noch mit der Frage, ob Düsseldorf einen Stadtstrand bekommt oder ob beim Karnevalumzug eine Werbekarawane vorweg fahren soll zur Einnahmemaximierung. Ja, da sind wir gut in Düsseldorf, bei der Einnahmemaximierung.

Und dann sind da noch die Kanadagänse, die den Volksgarten und andere Parkanlagen mit ihren Hinterlassenschaften zukleistern. Abschießen oder vergrämen? Das ist hier die Frage.
Mit dem Sozialen haben wir es nicht so. Das läuft eher nebenbei. Als lästiges Anhängsel quasi. Es wird genauso weggenickt wie der Fifty-Fifty-Verkäufer, der uns beim Flanieren stört.
Dabei tun wir doch was. Wir kümmern uns beispielsweise ums Andreas-Quartier, das neue In-Viertel. Das läuft angeblich dem Medienhafen den Rang ab, was alle Unterbilker freuen dürfte, weil dann die Deppen mit den dicken Kisten nicht länger den Hafen mit ihrem Glimmbimmgedröhn unsicher machen und ihre 100 Euro fürs Schnitzel woanders ausgeben. Alles was ekelhaft ist, geht nun woanders hin. Idioten unter sich. Geldadel unter sich. So etwas will gepflegt sein. Dafür setzen wir uns ein.

Wer protestieren will, soll woandershin ziehen. Der Düsseldorfer ist professionell zufrieden, er kauft sich die Dinge zurecht und lässt die Stadt so lange pflegen, bis kein Körnchen Staub mehr die frisch verputzten Wände beschmuddelt.

Ich bin bekanntlich kein Freund der Toten Hosen. Aber als die noch jung waren, haben sie auch mal Wahrheit in die Welt gepustet. „Wir sind nur aus Düsseldorf / Wo kein Mensch irgendwelche Sorgen hat“, sangen sie bereits 1983. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Hans Hoff

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