Können wir mal über Musik reden? Also über Musik im Sinne von handgemacht? Eine Gitarre, ein paar Bongos, eine Stimme. Ich bin nämlich der Meinung, es gibt zu wenig davon in dieser Stadt. Warum schnappen sich nicht all jene, die mal drei Griffe gelernt haben, am nächsten Wochenende ihre Sechssaiter und nehmen sie mit an den Rhein. Dort klampfen sie dann, was das Zeug hält. Und sie singen. Ob Bob Dylan, ob REM oder Tote Hosen. Egal, alles erlaubt. Ich stelle mir vor, dass das nicht nur streckenweise sehr schön klingen kann, es bringt die Menschen auch auf besondere Art und Weise zusammen. Wo eine Gitarre erklingt, bleiben die Menschen stehen. Selbst, wenn der, der da klampft, nicht viel kann, geht doch eine Art Zauber von ihm aus, wenn er mit dem Herzen dabei ist. Ja, ja, ich höre jetzt schon so manchen jammern, dass er gar nicht gut genug spielt oder singt, um sich einer kritischen Öffentlichkeit zu präsentieren. Man wisse doch, was mit musikalischen Versagern passiere, spätestens seit „Deutschland sucht den Superstar“. Nein, wissen wir nicht. Wollen wir nicht wissen. Die RTL-Grütze darf nicht der Maßstab sein für das, was wir uns bieten lassen wollen. Niemand erwartet Perfektion. Oft ist gerade das Gewollte besser als das Gekonnte. Ich habe schon sehr perfekte Akkordeonspieler erlebt, die alle Melodien heruntergenudelt haben, als wären sie gerade woanders. Technisch perfekt, aber seelenlos. Und ich habe welche erlebt, die nicht immer alle Töne getroffen haben, die aber mit Leib und Seele bei der Sache waren. Letztere sind mir in Erinnerung geblieben. Sie haben mich infiziert mit ihrem Wollen. Und wenn ich mir vorstelle, dass am nächsten Wochenende unter jedem Baum im Hofgarten, im Nordpark oder im Volksgarten einer mit Gitarre oder Quetschkommode sitzt, dann prophezeie ich, dass diese Stadt Flügel kriegt. Dann bringt der Juli Ferien in der eigenen Stadt. Okay, wer mich jetzt für naiv hält, soll das tun. Aber alle anderen könnten doch mitmachen. Oder?
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