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Rüttel dich, Düsseldorf! Schüttel dich!

Die biograph Ouvertüre Mai 2017

Was ist das nur für eine Stadt? Ich meine dich, Düsseldorf, du mediokres Gemeinwesen, das immer häufiger so tut als ob, das immer seltener ist, was es vorgibt. Um es mal ganz deutlich zu sagen: Düsseldorf, du bist gerade eine mittelschwere Katastrophe, du kriegst gar nichts mehr hin.

Du warst mal toll, du hast mal geglänzt, du warst einst ein Symbol für Innovation. Düsseldorf, die Kunststadt. Düsseldorf, die Musikstadt, Düsseldorf, die architektonische Perle. Alle perdu. Vorbei. Gone, gone, the damage done.

Meine liebe Stadt, du wirkst derzeit, als sei kürzlich ein Bombenhagel über dich hinweggezogen und habe nichts als Trümmer hinterlassen. Ich meine das nicht dinglich. Mir geht es um die innere Einstellung. Du bist ausgebrannt und drohst an deinem Reichtum zu ersticken.

Wäre ich Optimist, was ich lange wider besseres Wissen war, würde ich sagen, dass hier alles im Aufbau ist, dass die Trümmerfrauen die Sache schon in den Griff bekommen. Düsseldorf ist nicht, Düsseldorf wird. Aber nein, um Optimist zu sein, habe ich zu viele Informationen. Ich weiß, wie du tickst, Düsseldorf. Du kriegst es einfach nicht hin.

Du stellst eine U-Bahn fertig und kümmerst dich vor lauter Untenrum-Getue nicht um das Obenrum. Ob Kasernen- oder Friedrichstraße, es verdichtet sich der Eindruck, dass nach dem U-Bahn-Start alles viel schlimmer geworden ist als vorher. Stau als Normalzustand.

Der Gustaf-Gründgens-Platz wird noch auf Jahre aussehen wie eine Trümmerlandschaft. Das Versprechen der blühenden Landschaften an den Fassaden? Vergiss es. Eine satte Lüge. Schau dir mal den Kö-Bogen an, dieses architektonische Brikettstück, das mit seiner Wucht alles drumherum erschlägt.

Protz kannst du noch gut, Düsseldorf. Sonst gelingt dir nichts. Und dein Personal ist eine Katastrophe. Man muss sich nur mal anhören, wer alles die Toten Hosen lobt. Da sind inzwischen jede Menge verfettete Zweireiherträger darunter, die besoffen gerne „Tage wie diese“ grölen. Das geschieht den Toten Hosen recht, die ja letztlich nichts anderes sind als eine Bierzeltschunkelband. Gegen die Hosen sind inzwischen sogar die Nordseerocker von Santiano echter Punk.

Und erst der peinliche Frontmann. Bei der Echo-Verleihung stänkerte Campino gegen Jan Böhmermann, der der deutschen Poplandschaft mal satirisch fein den Spiegel vorgehalten hat. Aber diese Wahrheit können die Hosen nicht sehen. Sie sind lieber beleidigt und halten zur Industrie. Weil sie selber nichts weiter als Industrieprodukte sind, nur noch besoffen von sich selbst. Aber mit dieser Selfie-Attitüde passen sie prima zum Dorf und seinem OB.

Zum Tour-de-France-Start spielt Kraftwerk im Ehrenhof, und unser kleiner Rathaus-Napoleon hat schon eine wunde Brust vom Sichselbstdraufklopfen. Dabei könnte man doch mal Bilanz ziehen. Kraftwerk heute ist nichts weiter als eine Schablone von vor fast 50 Jahren. Das sind die Rolling Stones der Elektronikmusik, pfundige Knöpfchendrücker, die vorwiegend alte Hits aus der Konserve abrufen.

Aber gegen die vom Rathaus massiv betriebene Grand-Depart-Euphorie kommt sowieso nichts an. Da wird nach einem bekannten George-Bush-Motto agiert. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, sagte der einst. Wenigstens passt solch eine Vorgehensweise zum Hosen-Gebaren, zu diesem ewigen Berufsbeleidigtsein. Zur Folge hat das indes, dass alle, die gegen diesen sinnlosen Sport vortäuschenden Popanz sind, als Miesmacher gescholten werden. Und es wird noch schlimmer kommen, wenn nach dem Grand-Depart das Grand-Defizit offenbar wird und nur noch Lügen helfen, das Debakel zu kaschieren.

Es ist zum Heulen, diese Stadt geht vor die Hunde. Sie ist fest im Griff einer skrupellosen Clique von profitgeilen Netzwerkern, deren Verbindungen quer durch alle Schichten gehen. Im Altbiertaumel vereint. Ja, sind wir im Wald hier?

Von Kunst wollen wir nicht reden. Das Schauspielhaus wirkt, als bleibe es auf ewig eine Bauruine, die Oper ist sanierungsbedürftig, das Theatermuseum steht auf der Liste der bedrohten Arten und die Kunst findet sich am Boden, wenn überhaupt. Alles kaputtgespart. Auch bei den Ämtern. Wer einen Pass braucht oder ein Auto ummelden will, sollte ein Zelt mitbringen, denn die Amtsstrukturen sind auf Effizienz getrimmt. Geld für rollende Apotheken ist da, für den Bürger blieb leider nichts übrig.

Rüttel dich, Düsseldorf! Schüttel dich! Streif dieses mediokre Getue ab! Werde wieder sauber, werde wieder schön! Sonst geht das mit uns nicht mehr lange gut.

Hans Hoff

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