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Ouverture Mai 2012
Jovan Stojsin

Transferstadt am Rhein: Düsseldorf ist nicht. Düsseldorf wird.

Ouvertüre Mai 2012

Bring doch was mit aus Düsseldorf. Es ist mit die ekligste Forderung, die mir in meinem kleinen Leben bislang begegnet ist, denn sie ist nie zufriedenstellend zu erfüllen. Was bringt man mit aus Düsseldorf? Die Antwort ist so einfach wie schwierig. Einfach ist sie für alle, die sich damit bescheiden, ein Fässchen Alt in den Kofferraum zu packen, ein Fässchen Senf daneben zu bunkern und das ganze mit einer Tote-Hosen-CD zu garnieren, also das leichtgängige Klischee zu bedienen. Aber ansonsten? Was kann man tun, wenn man sich entschlossen hat, im Leben möglichst nie den easy way out zu wählen?

Man will doch in der Ferne nicht ernsthaft mit Radschläger-Weingummi aufwarten. Auch schräge Tassen mit den Gehry-Türmen drauf gehen gar nicht. Es folgt ein Marter-Marathon, an dessen Ende eine verblüffende Erkenntnis steht. Man kann Düsseldorf nicht mitnehmen. Düsseldorf ist intransportabel. Man muss es vor Ort sehen und erleben. Alles andere ist nichts weiter als ein untauglicher Versuch.

Oder wie will man in der Ferne vermitteln, dass man aus einer Stadt kommt, die partout nicht schön werden will, die immer wenn irgendwo eine Baustelle abgebaut wird, in Sichtweite die nächste aufmacht? Im besten Sinne könnte man das als Zustand des permanenten Wachsens definieren. Düsseldorf ist nicht. Düsseldorf wird.

Gegenwart ist nie die Perfektion, sondern immer die Erwartung, das Versprechen derselben. Warte nur ein Weilchen, dann kommt die Schönheit auch zu dir. Nicht in Düsseldorf. Düsseldorf ist die gelebte Transfergesellschaft, die Zwischenwelt im Spannungsfeld von Antike und Science-Fiction.

Gerne würde man ja im Ausland vermitteln wie das beispielsweise ist mit den angesagten Restaurants und Kneipen in Düsseldorf. Früher waren die mal in der Altstadt. Bis die Junggesellenabschiede kamen. Dann verlagerte sich das schöne Leben an die Kasematten. Bis die zu einer Ballermann-Filiale mit Rheinblick mutierten. Auch im Hafen war es mal schön. Bis dort der Strass und die Schickietäschchen Einzug hielten.

Derzeit kann man in Flingern und Bilk noch gut sein. Aber lohnt es sich, Bekannten in weit weg davon zu erzählen? Darf man sagen, dass das Dr. Thompsons die angesagte Adresse ist, wenn doch die Gefahr besteht, dass die Aussage schon bei der Rückkehr nach Düsseldorf längst jeglicher Wahrheit entbehrt, weil der Mainstream in die Location geflossen ist. Sagt man eigentlich noch Location? Oder tun das nur die im Hafen?

Auch die Tatsache, dass in Düsseldorf weitaus mehr schöne Menschen anzutreffen sind als auf dem Land, ist kaum in Worten zu vermitteln. Und doch stimmt es. Man muss nur mal mit dem ICE von Hamburg über Hannover nach Düsseldorf fahren und in Bielefeld kurz aussteigen. Man weiß dann ziemlich schnell wieder, was man an den großen Städten hat. Die Stadt mag sich weigern, schön zu werden. Die Menschen dagegen pflegen sich. Ich gehe soweit zu behaupten, dass sich die Menschen in Düsseldorf häufiger waschen als, sagen wir mal, in Siegen oder Osnabrück. Gewagte These, ich weiß. Wissenschaftlich noch unerforscht. Aber sie hilft, das Unerklärliche zu erklären.

Vielleicht muss man das Sosein unserer Stadt aber auch einfach nur hinnehmen und alle Versuche einstellen, einen Sinn oder eine Absicht dahinter zu ergründen. Möglicherweise gibt es die ohnehin nicht. Möglicherweise läuft alles auf die schon in einem bekannten Volkslied gestellte und niemals befriedigend beantwortete Frage hinaus. Warum ist es am Rhein so schön?

Hans Hoff

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