Aus geheimen Unterlagen, die dem Biograph von Wikileaks zugespielt wurden, ergibt sich, dass der WDR bis Mitte Juli an einer Sendung mit dem Namen „Düsseldorfs Beste“ gearbeitet hat. Eine große Show hatte es werden sollen, eine von diesen Ranking-Veranstaltungen, in denen die Prominenz irgendwie in eine Reihenfolge gequetscht und diese dann von einem gleitcremigen Moderator herausposaunt wird. Es sollte Einblicke geben in das, was den Düsseldorfern wichtig ist. Es sollte mehr sein als nur eine Liste, auf der erwartungsgemäß Heine, Heino und Campino die ersten drei Plätze einnehmen. Es sollte anhand der Lieblinge klar werden, was wirklich zählt in Düsseldorf.
Zur Vorbereitung wurde eine Kooperation mit der größten, also nicht mit der besten Zeitung am Ort ausbaldowert. Dazu sollten Menschen online ihre Auffassung kundtun können. Parallel dazu wurde eine Volksbefragung geplant. Jeder sollte auf einen Zettel schreiben, wen er für den wichtigsten Düsseldorfer hält. Die Ergebnisse sollten dann als repräsentativer Mix vorgestellt werden
Dass es dann nichts wurde, liegt nicht am ZDF-Skandal. In Mainz hatte man bekanntlich Johannes B. Kerner „Deutschlands Beste“ präsentieren lassen und große Umfragebemühungen gestartet. Die Ergebnisse wurden allerdings von der zuständigen Redaktion so verfälscht, dass jene, die als Gäste im Studio dabei waren, automatisch etliche Plätze höher rückten, und jene, die nicht dabei waren, zurückgestuft wurden.
Als das rauskam, wackelten in Mainz die Wände, und es wurden arbeitsrechtliche Konsequenzen in Aussicht gestellt. Wäre Deutschland nicht kurz danach Fußball-Weltmeister geworden, hätte für das ZDF wohl das letzte Sendestündlein geschlagen. Schließlich tauchte der Skandal mitten im Sommerloch auf, und da erfordern bekanntlich auch Petitessen große Reaktionen.
Aber nein, das ZDF gibt es noch. Wozu weiß keiner, aber wahrscheinlich wüsste Claus Kleber nicht wohin, wenn es das Zweite nicht gäbe. Man kann sich förmlich vorstellen, wie er durch Mainz stromerte, seinen Kopf schief halten und Passanten mit kruden Formulierungen belästigen würde.
Nein, das alles hat den WDR in seinen Planungen nicht behindert. Der WDR ist eine ordentliche Anstalt, in der solche Vorgänge wie sie beim ZDF offensichtlich zur Tagesordnung gehören, allein schon deshalb nicht möglich wäre, weil man dazu etliche Festangestellte aus dem Tiefschlaf wecken müsste. Beim WDR sind genügend Menschen damit beschäftigt, tagtäglich sehr bräsig am Schreibtisch die eigene Bedeutung zu verdauen.
Zudem wurde ohnehin das Düsseldorfer Funkhaus mit der Planung beauftragt, wohl wissend, dass dort niemand, aber auch wirklich gar niemand auf die Idee kommen könnte, eine repräsentative Umfrage zu fälschen. Viel zu sehr ist man damit beschäftigt in Sendungen wie „Aktuelle Stunde“ oder „Lokalzeit“ oder „Daheim und unterwegs“ den ZDF-Fernsehgarten nachzustellen und dabei so zu tun, als veranstalte man Journalismus.
Nein, die Planung der Show „Düsseldorfs Beste“ wurde abgesagt, nachdem die 587 363 Zettel der Volksbefragung ausgewertet waren und klar wurde, dass die zugehörige Sendung eine schier endlose werden würde. Zu fälschen gab es da nichts. Eine Person hatte auf die Frage nach dem bedeutendsten Düsseldorfer „dem Franjo Pooth seine Frau“ aufs Papier gekrickelt, zwei andere hatten Helene Fischer ins Spiel gebracht, und eine vierte Person wollte „unbedingt eine Nacht mit Paris Hilton im Düsseldorfer Interconti verbringen, lieber Weihnachtsmann.“ Die restlichen 587 359 Stimmberechtigten hatten indes das in dieser Stadt Erwartbare auf den Zettel geschrieben: ICH.
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