Ich habe mich geirrt. Ich lag falsch. I was wrong. Im Mai habe ich prophezeit, dass nach der Wahl alles bleibt, wie es ist. Der alte OB würde der neue sein, und alles würde nach dem Wahltag wieder seinen behäbigen Gang gehen. Düsseldorf eben.
Natürlich habe ich insgeheim davon geträumt, dass alles anders als von mir vorhergesagt kommen könnte. Aber geglaubt habe ich daran nicht. Wie ich mich doch getäuscht habe.
Düsseldorf kann doch anders. Das ist meine Schlussfolgerung aus all dem, was in der Zwischenzeit passierte. Meine Heimatstadt kann sich noch besinnen und erkennen, dass der eingeschlagene Weg falsch sein könnte.
War es der Sturm, der die Stadt derart gerüttelt hat, dass sie zur Besinnung gekommen ist? War der Orkan eine Art Warnung, dass morgen auch jene fallen können, die heute noch höchst stabil wirken? Als Agnostiker vom Dienst mag ich nicht an göttliche Fügung denken, aber manchmal gibt es eben doch Konstellationen, die so einfach nicht zu erklären sind.
Vielleicht war es ganz hilfreich, dass die Düsseldorfer Hilfe von draußen brauchten, um hier mal aufzuräumen. Die Hilfe kam von dort, wo der alte OB nicht tot übern Zaun hängen mochte. Die Düsseldorfer wollten dessen großkotziges Getue erst als rheinische Folklore abtun. Wer hat, der protzt. Aber dann nach dem Sturm – zerzaust und mental gelichtet, haben sie doch gesehen, dass so einige Dinge hierzustadt wieder gerade gerückt gehören, dass Bescheidenheit entgegen aller volksmundlichen Beteuerungen möglicherweise die Zier wahrer Könige ist.
Fast schon tat mir der alte OB leid, wie er da nach der Niederlage davon schlich. Er hat der Stadt viel Schlechtes angetan, er hat ein falsches Klima befördert, er hat Angst regieren lassen, wo Kreativität hätte wohnen können. Leid tat er mir am Ende doch. Ein bisschen zumindest. Nun gut, ein winziges bisschen.
Ob der Neue besser ist? Das muss er zeigen. Er ist nach wie vor ein No Name, einer, der erst durch Taten beweisen muss, dass er einmal im Amt noch das will, was seine Wähler wollen. Er hat sich im Wahlkampf den einen oder anderen Schnitzer erlaubt. Nun verdient er eine Chance. Nun verdienen alle eine Chance, auch Parteien, die sich im Machthunger verloren haben und nicht einmal das Rückgrat hatten, den Wählern eine Empfehlung für die Stichwahl zu geben.
Viele Bäume fehlen, alte Gewissheiten wanken, und neue sind nicht im Angebot. Wer noch auf Gewissheiten baut, repräsentiert das alte Düsseldorf. Das neue Düsseldorf muss sich mit dem Zweifel als ständigem Begleiter einrichten. Nur wer kritisch auf die Dinge und auch auf sein eigenes Tun blickt, nützt dem Gemeinwesen wirklich. Düsseldorf darf keine herausgehobene Insel mehr sein. Düsseldorf darf sich nicht mehr besser wähnen. Düsseldorf muss sich fügen in ein größeres Werk. Eine starke Stadt kann diese Republik beeinflussen, wenn sie es gut meint. Wer nur mit seiner Krone protzt, fällt zu leicht, wenn der Wind mal heftiger weht. Stehen geblieben sind beim Sturm jene Bäume, deren Krone gelichtet war. Gefallen sind all jene, die nur auf Masse gesetzt haben. Der Sturm hat es uns erzählt, wir sollten es in Erinnerung behalten.
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