Der Countdown hat begonnen. Sehr viele Menschen müssen nun sehr bald sehr tapfer sein. Das Rauchverbot in Kneipen kommt. Endgültig. Schluss mit dem blauen Dunst. Auch dort, wo sich bisher noch so genannte Raucherclubs breit machten, wird ab 1. Mai die Luft frisch.
Das ist ein herber Schlag für die Tabakindustrie, die bereits ziemlich stöhnt. Und auch die Gastronomie übt gerade das ganz große Wehklagen. Vom Ende der kleinen Eckkneipe wird gebetsmühlenartig gefaselt, weil die Menschen ja bekanntlich nur in Kneipen gehen, um sich mal so richtig vollzunebeln. Schon jetzt sind die Lobbyvertreter auf der Suche nach Gastronomen, denen es schlecht geht, die finanziell nicht so prächtig da stehen. Die werden akut gebraucht, denn nach dem 1. Mai braucht man Gescheiterte, um sagen zu können: Seht ihr, euer Rauchverbot gefährdet Existenzen.
Das ist wie bei den Gehaltsverhandlungen. Da werden auch stets arme Mediziner im Praktikum und ausgebeutete Krankenpfleger präsentiert, um höhere Gehälter für Chefärzte auszuhandeln. Im Falle der Gastronomen werden nun gescheiterte Existenzen gesucht. Dass die auch ohne Rauchverbot gescheitert wären, dass regelmäßig Kneipiers scheitern, weil nicht alle wissen wie das Führen eines Betriebes geht, spielt keine Rolle. Hauptsache man kann ein paar insolvente Existenzen vorweisen, um zu zeigen, dass das Rauchverbot Arbeitsplätze vernichtet.
Solche Aktionen sind natürlich genau das, um das sie angeblich kämpfen: blauer Dunst. Schon sehr bald nach dem 1. Mai wird sich nämlich herausstellen, was wirklich passiert: nichts. Es wird die üblichen Kneipenpleiten geben, die, die es immer in einem Jahr gibt. Dazu kommen noch ein paar, bei denen die Betreiber gebeten wurden, ihre Insolvenzen bis nach dem Stichtag hinauszuzögern. Damit sie die Statistik schön gruselig machen.
In Wahrheit wird es aber ab dem 1. Mai sehr schön. Natürlich dauert es eine Weile, bis der Teer in allen Gaststätten von den Wänden geblättert ist. Aber schon bald kann man sich als Mensch mit noch nicht geschädigter Lunge wieder frei bewegen und lernen wie ein richtiges Rauchverbot funktioniert. Also so eines wie in Bayern. Nicht so eines wie es Herr Rüttgers eingeführt hat, also eines, das keiner befolgen musste, weil es so löchrig konstruiert war, dass Gerichte es ruckzuck sturmreif schossen, und irgendwann verloren dann auch die Aufsicht führenden Behörden den Spaß daran, es durchzusetzen.
Nun beginnt also eine Zeit, in der Gesetze wieder Gesetze sind, und es wäre doch ein schöner Akt, wenn nach dem 1. Mai alle Nichtraucher, die sich bislang in ihren eigenen vier Wänden verkrochen haben, da sie das öffentliche Geschmoke nicht ertragen konnten, herauskommen würden und massenhaft die Eckkneipen frequentierten.
Gut, sie müssten durch das Spalier der Raucher vor der Tür. Aber das wäre erträglich, weil drinnen die Luft besser wäre als draußen. Der Massenansturm zeigte dann, dass die von der Raucherlobby propagierte Bedrohung durch das Rauchverbot ein Popanz ist.
Aber noch ist es nicht so weit. Noch stehen ein paar verrauchte Wochen für den Endspurt an. Es soll ja bereits Raucher geben, die sich zum Kampfrauchen in Eckkneipen verabredet haben. Wer die meisten Päckchen schafft, bekommt Freibier, weil eine zerstörte Lunge ohne eine zerstörte Leber quasi nur der halbe Spaß ist. Es wird gepafft bis zum Stichtag. Und danach wird massenhaft das Rauchen aufgegeben. Mit dem gesparten Geld werden dann die Lobbyisten der Tabakindustrie unterstützt, die möglicherweise die einzigen sind, die nachhaltig von den neuen Regeln geschädigt werden. Und wozu? Zu recht.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
The Last Waltz – Hans Hoff verabschiedet sich
Die (letzte) biograph Ouvertüre Januar 2022
Wir verlieren die Altstadt.
Die biograph Ouvertüre Dezember 2021
Roller hier, Roller da, Roller überall
Die biograph Ouvertüre November 2021
Grenzenlose Dummheit oder Sabotage in der einstigen Gelingerstadt?
Die biograph Ouvertüre Oktober 2021
Final Sale im Tal der Hässlichkeit
Die biograph Ouvertüre September 2021
Lügner, Volldeppen und Menschen mit Herz
Die biograph Ouvertüre August 2021
Die Aufregungsgesellschaft
Die biograph Ouvertüre Juli 2021
In die Mitte - Wo die Oper hingehört
Die biograph Ouvertüre Juni 2021
Düsseldorfs Medienmarkt in Bewegung
Die biograph Ouvertüre Mai 2021
Ein wunderbares Jahr für Düsseldorf
Die biograph Ouvertüre April 2021
Nur noch drei Kehren
Die biograph Ouvertüre März 2021
Der kleine Prinz Fassmichbittean in der großen Wüste
Die biograph Ouvertüre Januar/Februar 2021
Gegen den C-Blues: Mental stoßlüften und ein bisschen jammern
Die biograph Ouvertüre Dezember 2020
Das Haus der Jugend ist tot, es lebe der Ratinger Hof
Die biograph Ouvertüre November 2020
Stellenanzeige: Gruppenleiter (m/w/d) im Förder- und Betreuungsbereich
Die biograph Ouvertüre September 2020
Die neue Zeit der Bescheidenheit
Die biograph Ouvertüre August 2020
Die Protected Life Lane wird täglich enger.
Die biograph Ouvertüre Juli 2020
Keiner hat gesagt, dass es leicht werden würde
Die biograph Ouvertüre Juni 2020
Nein! Was? Doch! Die Krise als Chance
Die biograph Ouvertüre Mai 2020
Someday My Prince Will Come
Die biograph OuvertüreApril 2020
Alles muss raus? Düsseldorf als Resterampe
Die biograph Ouvertüre März 2020
Karneval: Zwischen Ohnmacht und Wurzelbehandlung
Die biograph Ouvertüre Februar 2020
Die Avengers der Entsorgungskultur
Die biograph Ouvertüre Januar 2020
Heiligabend friert die Hölle zu
Die biograph Ouvertüre Dezember 2019